Review: Ty Segall – Freedom’s Goblin

Erleben wir gerade den besten Segall? Vermutlich ja. Seine neue Platte liefert viele Argumente dafür.

Der Veröffentlichungsrhythmus von Ty Segall wird ja mittlerweile eher belächelt. „This week’s release by Ty Segall is called ‚Freedom’s Goblin'“, heißt es im Netz. Dabei war 2017 eher ein ruhigeres Jahr. Kein Nebenprojekt erhielt eine neue Platte. Lediglich ein Longplayer und eine EP erschienen. Und natürlich die farbigen Singles gegen Ende des Jahres. Alle diese Songs finden sich auf „Freedom’s Goblin“ (Drag City) wieder, welches nun vorliegt. Die Tracks waren also keine Fleißaufgabe sondern zahlten mit in die neue Platte ein.

Die Varianz war bei den farbigen Singles groß. Zwischen sexy Groover und zurückhaltendem Sixties Psych mischte sich auch der rohe Punk ein. Tatsächlich ist „Freedom’s Goblin“ das bisher offenste Album. Freiheit, eben. Die Platte ist in sechs Sessions in fünf verschiedenen Studios entstanden. Produziert hat u.a. Großmeister Steve Albini.

Die Tracks wurden in verschiedensten Versionen eingespielt, mal schneller mal zerfaserter mal straighter. Salopp gesagt: Es entschied schlußendlich das Los, welche Version dann auf dem Album landete. In Interviews sagte Segall, dass er zum Release diese und jene Version auswählte, sich vermutlich jetzt aber umentscheiden könnte. Live wird man also mit Varianten rechnen dürfen, wie im Fall von „Despoiler Of Cadaver“, welches in der Albumversion etwas entspannt Discohaftes hat, in einer Live-Version für den Radiosender KCRW aber bereits atemloser sowie noisiger dargeboten wurde.

Oder „Talkin 3“, das im Titel andeutet, dass es davon Vorgänger gibt. Dieses Mal ist der Track ein sehr noisiger und wilder Jam. Zuvor war man eher im Sixties Psych verortet.

Segall hat für „Freedom’s Goblin“ nicht nur den Aufnahmeprozess geändert sondern erstmals auch seine Band belassen. Wie beim 2017er „Ty Segall II“ ist auch dieses Mal die Freedom Band aktiv. Sie besteht somit erneut aus Mikal Cronin, Charles Moothart, Emmett Kelly und Ben Boye.

Cronin ist mit seinem Saxofon immer wieder sehr im Vordergrund. Allgemein ist der Bläsereinsatz verstärkt worden, wie etwa auf dem eröffnenden, hymnischen „Fanny Dog“ oder dem traurigen „Rain“.

Dann wieder auf „My Lady’s On Fire“, der sich vom Lagerfeuer anschickt zum Sing-a-Long-Hit zu werden. Oder dem groovenden „The Main Pretender“, bei dem das Saxofon so sexy wirkt. Allgemein ist hier vieles sexy, wie auch das unfassbar gute Hot-Chocolate-Cover „Every 1’s a Winner“.

Es gibt aber auch die bekannt trockenen Fuzz-Rock-Nummer, wie etwa „When Mommy Kills You“ oder „Meaning“. Bei Letzterem tritt dann Segalls Frau Denée ans Mikrofon und ab da wünscht man sich dann eine neue Gøggs-Platte.

Ruhige, sehr satte Nummern wechseln sich mit minimalistischen Tracks ab. Die Varianz ist sehr groß. Den jammigen Segall erleben wir mit dem sechs Minuten langen Fuzz-Rocker „She“ und dem Psych-Stück „And, Goodnight“.

Fazit: Schwer zu sagen, aber wahrscheinlich ist das der beste Segall aller Zeiten.

9.1

Fazit

9.1/10